Versickerungsfähige Pflasterbefestigungen gelten als ein zeitgemäßes, technisch ausgereiftes und wirtschaftliches Element einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Siedlungsgebieten und nehmen eine immer wichtigere Rolle ein.
Neben dem Klimawandel wird auch die zunehmende siedlungsbedingte Versiegelung von Flächen als eine maßgebende Ursache für Schäden infolge von Starkregen angesehen. Die Siedlungs- und Verkehrsfläche hat in den Jahren 2012 bis 2015 in Deutschland um durchschnittlich 66 Hektar pro Tag zugenommen und macht derzeit einen Anteil von etwa 14 % der Gesamtfläche Deutschlands aus.
Bereits 2002 hatte sich die Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie vorgenommen, den täglichen Zuwachs von Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren, um das Ziel einer Flächenkreislaufwirtschaft (Netto-Null-Ziel) zu erreichen. Im Rahmen einer Neuauflage von 2016 wurde zudem das Bestreben formuliert, den Zuwachs bis zum Jahr 2030 auf weniger als 30 Hektar zu begrenzen.
Aktuell wird täglich eine Fläche von rund 60 Hektar versiegelt, insbesondere als Siedlungs- und Verkehrsflächen. Vom einstigen Ziel der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie ist man also weit entfernt.
Eine weitaus verschärftere Situation im Kontext „Versiegelung“ besteht in den Ballungsräumen. In den deutschen Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen machen die Siedlungs- und Verkehrsflächen einen Anteil von 60% bis 70% der Gesamtfläche aus. Davon nehmen Straßen, Wege und Plätze, die größtenteils noch versiegelt oder nur gering durchlässig ausgebildet sind, einen erheblichen Teil ein.
Versiegelte Flächen stehen den Vorteilen der Versickerung, Verdunstung und Retention entgegen. Und sie sorgen bei Starkregenereignissen für erhebliche Abflussmengen in relativ kurzer Zeit. Wegen der zunehmenden Flächenversiegelung in Siedlungsgebieten sehen sich viele Gemeinden auch mit dem Problem konfrontiert, dass die bestehenden Kanalnetze mit den zusätzlich anfallenden Niederschlagswassermengen überfordert sind. Die Kapazitäten der Ableitungssysteme lassen sich im Bestand aber nicht ohne weiteres erhöhen. Im letzten Jahrzehnt hat sich aus den oben genannten Gründen vielerorts die Einsicht in die Notwendigkeit einer nachhaltigen Regenwasserbewirtschaftung durchgesetzt. Dazu zählen zum Beispiel Maßnahmen der Regenrückhaltung und der verzögerten Ableitung.
Ein Beitrag zu einer optimalen Lösung besteht darin, das Niederschlagswasser gar nicht erst zu sammeln und abzuleiten, sondern schon am Ort des Entstehens dezentral zu versickern. Versickerungsfähige Pflastersteine aus Beton sind ein Teil dieser Lösung. Sie bilden den oberen Abschluss der versickerungsfähigen Pflasterbefestigung, einem zeitgemäßen, technisch ausgereiften und wirtschaftlichen Bestandteil einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung.
Die meisten Kommunen haben historisch gewachsen eine Mischkanalisation. Das bedeutet, dass von Gebäudedächern sowie von Verkehrs- und Freiflächen abfließende Niederschlagswasser wird zusammen mit dem in den Haushalten und Betrieben anfallenden Schmutzwasser einem Kanalsystem und in der Regel einer zentralen Kläranlage zugeführt. Somit steht zum einen abfließendes Regenwasser nicht zur örtlichen Grundwasserneubildung zur Verfügung. Zum anderen fallen in der Kläranlage nach Starkregenereignissen oftmals derart große Wassermengen an, dass die vorhandenen Kapazitäten weit überschritten werden. Das Überschusswasser muss dann zur Entlastung der Kläranlage ungeklärt, z. B. in Flüsse, abgeleitet werden. Dadurch werden die natürlichen Gewässer verschmutzt.
Versickerungsfähige Pflasterbefestigungen können also nicht nur zur Grundwasserneubildung, sondern auch zum Schutz unserer natürlichen Oberflächengewässer beitragen.
Im Gegensatz zu konventionell befestigten Flächen, zum Beispiel mit einer dichten Asphalt- oder Ortbetondecke, tragen versickerungsfähige Pflasterdecken aufgrund ihres Speichervermögens auch zu einer höheren Verdunstung und damit zu einer Verbesserung des Kleinklimas in Siedlungsräumen bei.
Versickerungsfähige Pflasterbefestigungen sind auch über den ökologischen Aspekt hinaus, das heißt, auch ökonomisch äußerst sinnvoll. In den letzten Jahren wurde in den Kommunen mehr und mehr die gesplittete Abwassergebühr eingeführt. Das heißt, es gibt einen Schmutzwasseranteil und einen Niederschlagswasseranteil, wobei sich letzterer grundsätzlich an der angeschlossenen Fläche bemisst. Wenn aber die betreffende Fläche versickerungsfähig ausgebildet ist und von ihr kein Niederschlagswasser oder nur ein kleiner Anteil davon abfließt, dann können auch die entsprechenden Gebühren entfallen oder erheblich reduziert werden. Das kann je nach Größe der Fläche und Region ein bedeutender Kostenfaktor sein.
In vielen Kommunen werden für die Entsiegelung von privaten, öffentlichen und gewerblichen Flächen durch den Bau von versickerungsfähigen Befestigungen finanzielle Zuschüsse gewährt. Bedingung ist in der Regel, dass die Entsiegelungsmaßnahme zu einer vollständigen Entkopplung der Fläche von der Kanalisation führt, und dass das auf der entsiegelten Fläche anfallende Niederschlagswasser dezentral vor Ort versickert wird. Versickerungsfähige Pflasterbefestigungen in Kombination mit einer Mulden- oder Mulden-Rigolen-Versickerung zum Beispiel, erfüllen diese bauliche Vorgabe.
Versickerungsfähige Verkehrsflächenbefestigungen sind seit langem Stand der Technik im Straßen- und Wegebau in Deutschland. Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) hat dazu bereits 1998 das Merkblatt für wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen herausgegeben, welches 2013 durch das Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen (M VV) ersetzt wurde. In den einschlägigen Gremien der Regelwerksetzer hat man sich irgendwann für den Begriff „Versickerungsfähigkeit“ entschlossen, weil er für die Beschreibung des beabsichtigten Vorganges, nämlich das Versickern von Wasser in eine Befestigung, besser geeignet ist als der Begriff „Wasserdurchlässigkeit“, der eher eine Baustoffeigenschaft beschreibt.
Versickerungsfähige Verkehrsflächenbefestigungen können nicht nur auf durchlässigem, sondern auch auf undurchlässigem oder geringfügig durchlässigem Untergrund ihre Vorteile entfalten. Auch wenn es nur zu einer geringfügigen oder überhaupt keiner Versickerung des Niederschlagswassers bis in tiefere Bodenschichten oder bis ins Grundwasser kommt, sind noch erhebliche Vorteile dieser Befestigungsart gegeben. Hierzu zählt eine maßgebliche Abflussverzögerung und damit eine Entlastung der Kanalisation, insbesondere bei Starkregenereignissen.
Mit abnehmender Wasserdurchlässigkeit des vorhandenen Bodens steigt im Allgemeinen der planerische und bauliche Aufwand für die Herstellung einer versickerungsfähigen Befestigung, da dann zusätzliche entwässerungstechnische Maßnahmen erforderlich werden. Es sollte daher in jedem Einzelfall – natürlich auch unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte – geprüft und abgewogen werden, ob eine versickerungsfähige Befestigung auf undurchlässigen oder wenig durchlässigen Böden sinnvoll ist.
Die vorhandenen einschlägigen Regelwerke sowie zahlreiche Broschüren und Leitfäden, wie zum Beispiel das Merkblatt für versickerungsfähige Pflasterbefestigungen aus Beton des Betonverbandes SLG, enthalten alle erforderlichen Hinweise, Empfehlungen und Anforderungen für die Planung, die Auswahl geeigneter Baustoffe, den Bau, die Prüfung und die Erhaltung von versickerungsfähigen Pflasterbefestigungen.
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